Die Ergebnisse der polnischen Parlamentswahlen wurden von der Presse jenseits der Westgrenze aufmerksam beobachtet. Kommentatoren deutscher Medien sprachen ihre Sorgen über den Sieg der PiS an, sparten aber auch nicht mit Kritik an der Opposition, die ihrer Meinung nach keine Alternative zum derzeitigen Regierungslager darstelle.
„FAZ“: Regierungspartei PiS baut Vorsprung aus
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt vom „entscheidenden Sieg“ der Nationalkonservativen in Polen.
„Der Streit zwischen Warschau und Brüssel um die umstrittene Justizreform wird wohl weitergehen. Das deutsch-polnische Verhältnis dürfte angespannt bleiben, denn die PiS stellt Wiedergutmachungsforderungen“, schreibt ein Kommentator einer vielgelesenen Frankfurter Tageszeitung.
Süddeutsche Zeitung: „PiS wird es nicht schaffen, die Verfassung zu ändern“
„Die polnische Regierung hat bei den Parlamentswahlen ihre absolute Mehrheit verteidigt und kann bis 2023 regieren“, schreibt (vielleicht etwas übertrieben, da wir das endgültige Wahlergebnis noch nicht kennen) Florian Hassel, Warschau-Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“.
Der deutsche Journalist weist darauf hin, dass die Partei Recht und Gerechtigkeit ihr Maximalziel einer Zweidrittelmehrheit, die eine Verfassungsänderung ermöglichen würde, nicht erreicht habe. Die PiS werde wahrscheinlich nicht einmal über genügend Sitze verfügen, um das Veto des Präsidenten zu überstimmen.
„Die Welt“ zu „weiteren Reformen von Gerichten und Medien“
Die „Welt“ warnt, dass sich die polnische Opposition und die EU-Kommission auf weitere Reformen der Justiz und der Medien einstellen müssen. Diese könnten laut dem Kommentator der Tageszeitung „noch radikaler und noch schneller als bisher“ ausfallen.
Zur Lage der Bürgerkoalition zitiert der Publizist Philipp Fritz einen Witz: „Ein polnischer Pessimist weiß, dass die Lage schlecht ist. Ein polnischer Optimist weiß, dass es noch schlimmer wird.“
Der Autor erinnert an die sozialen Versprechen der PiS, darunter die Ausweitung des Programms 500+. Seiner Meinung nach operiere die PO „ohne Glauben und Ideen, und ihr Vorsitzender Grzegorz Schetyna sei nicht in der Lage gewesen, mit Jarosław Kaczyński mitzuhalten.“
Das Wahlergebnis bestätige die Politik der PiS und könne die Partei ermutigen, den Staat noch radikaler umzugestalten und die Kontrolle über weitere Institutionen zu übernehmen, glaubt Fritz.
Ein Kommentator der „Welt“ zeichnet eine äußerst pessimistische Prognose für Polen:
„Wenn die Opposition marginalisiert, der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt, Minderheiten aufgehetzt und Kritiker – wie nach dem Wahlsieg 2015 – als ‚Feinde der Nation‘ oder ‚Polen der unteren Ordnung‘ bezeichnet werden – dann hat die EU es mit einem autoritären oder quasi-autoritären Staat zu tun, und zwar nicht nach außen, wie im Fall der Türkei, sondern nach innen.“
Konflikten mit Brüssel ist die PiS bislang nicht aus dem Weg gegangen. Laut Fritz müsse sich die EU auf Herausforderungen einstellen, die womöglich gravierender seien als der Brexit. „Die polnische Regierung will in Europa bleiben, aber zu ihren eigenen Bedingungen“, schreibt der Journalist der „Welt“.
„Spiegel“: „Schetyna ist katastrophal unbeliebt“
„PiS ist so stark, weil die Opposition chaotisch, selbstbewusst und programmlos ist“, heißt es bei „Spiegel-Online“.
„Spiegel“-Kommentator Jan Puhl weist darauf hin, dass Grzegorz Schetyna „katastrophal unbeliebt“ sei. Seiner Meinung nach kann die PiS die absolute Mehrheit – wenn sie diese denn tatsächlich erhält – dazu nutzen, ihre Macht auszubauen, auch indem sie die Kompetenzen der lokalen Regierungen einschränkt.
ZDF zu „Abkühlung“ und Wiedergutmachung
Die zweite Sendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ZDF erinnert daran, dass während der ersten Amtszeit der PiS die polnisch-deutschen Beziehungen „abgekühlt“ seien.
„Sowohl Präsident Andrzej Duda als auch Premierminister Mateusz Morawiecki forderten in den letzten Monaten von Deutschland eine Entschädigung für die Verluste im Zweiten Weltkrieg. Die PiS hat diese Forderungen in ihr Wahlprogramm aufgenommen“, heißt es auf der Website des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
In der ersten Sendung der ARD wird von einer „Renaissance nationaler Gesinnung“ geschrieben und darauf hingewiesen, dass sich Minderheiten, die sich über Übergriffe beschweren, seit der PiS an der Macht in einer schwierigen Lage befänden.
(sp)
„Fernsehliebhaber. Musik-Ninja. Amateur-Reisefanatiker. Speck-Fan. Freundlicher Essens-Evangelist. Freiberuflicher Organisator. Zertifizierter Twitter-Fanatiker.“