Der Chef der polnischen Diplomatie, Zbigniew Rau, warf Bundeskanzler Olaf Scholz „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens“ und „versuchte Einmischung in den laufenden Wahlkampf in Polen“ vor, berichtet die deutsche Presse.
Dies ist eine Anspielung auf den Visa-Skandal in polnischen Konsulaten. Auf einer Wahlkundgebung in Nürnberg sagte Scholz, er wolle nicht, dass „Polen einfach (Migranten) passieren lässt und wir dann über unsere Asylpolitik diskutieren.“ Wie die Kanzlerin betonte, müsse es so sein, dass „jeder, der nach Polen kommt, dort registriert wird und das Asylverfahren durchläuft“.
Die Deutsche Presse-Agentur DPA betont in ihrem Bericht, dass laut Rau „die Kompetenzen der Bundeskanzlerin offensichtlich nicht für das in Polen anhängige Verfahren gelten“. Rau warf dem Kanzler einen Verstoß gegen den Grundsatz der „souveränen Gleichheit der Staaten“ vor und appellierte an ihn, in Zukunft keine beziehungsschädigenden Äußerungen mehr zu machen, berichtet die DPA.
„Eskalation des Streits“
Die Tageszeitung „Berliner Zeitung“ schreibt in ihrer Montagsausgabe von einer „Eskalation des Streits“. „Der Ton zwischen der deutschen und der polnischen Regierung wird immer härter“, schreibt die Hauptstadtzeitung.
Er fügt hinzu, dass eines der Hauptthemen des laufenden Wahlkampfs in Polen die illegale Migration sei. Die regierende PiS-Partei habe sich in der Vergangenheit immer wieder gegen illegale Migration eingesetzt, und der Visa-Skandal belaste die PiS schwer, heißt es in der Zeitung.
Grenzkontrollen unterschiedlich beurteilt
Auch die Tageszeitung „Die Welt“ verweist auf die Pläne des Bundesinnenministeriums, stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien einzuführen. Laut der Zeitung sind die Polizeigewerkschaften unterschiedlicher Meinung zu diesen Plänen.
Während die Deutsche Polizeivereinigung (DPolG) den Vorschlägen von Innenministerin Nancy Faeser positiv gegenübersteht und die Kontrollen als Maßnahme zur Begrenzung unerlaubter Migration betrachtet, hat die Polizeivereinigung (GdP) erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und Umsetzbarkeit – schreibt „Die Welt“.
Heiko Teggatz, stellvertretender Vorsitzender der DPolG, sagte der Tageszeitung, er unterstütze zwar die Idee der Chefin des Bundesinnenministeriums, sie müsse jedoch die Genehmigung der Europäischen Union einholen, um Grenzkontrollen einzuführen. Erst dann werden Kontrollen möglich sein, wie an der Grenze zu Österreich, wo im Jahr 2022 15.000 Menschen zurückgeschickt wurden, und dieses Jahr voraussichtlich 17.000.
Stationäre oder flexible Inspektionen?
Teggatz erklärte jedoch, es sei „nicht ratsam“, stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien einzurichten. „Auf manchen Autobahnen könnte man so etwas dauerhaft machen, aber ansonsten könnte es an kleineren Kreuzungen oder Abschnitten der ‚Grünen Grenze‘ sinnvoller sein, je nach aktueller Situation flexible Kontrollen durchzuführen“, sagte er. Er betonte zudem, dass die Bundespolizei für diese Aufgaben über ausreichend Personal verfüge.
GdP-Vorsitzender Lars Wendland ist anderer Meinung. Er geht davon aus, dass Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien nichts ändern werden bzw. dass der Wert solcher Aktivitäten vernachlässigbar sein wird und die Bundespolizei nicht über das entsprechende Personal verfügt. Er wies darauf hin, dass seit einiger Zeit etwa 90 Prozent der Menschen, die über Polen und Tschechien nach Deutschland kommen, an der deutschen Grenze Asyl beantragen. Sie haben daher einen Anspruch auf Prüfung ihres Antrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Bundespolizei muss diese Personen in Deutschland aufnehmen.
Eine europäische Lösung wird es so schnell nicht geben
„Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt eigene Maßnahmen zur Begrenzung der illegalen Migration ergreift. Eine schnelle europäische Lösung ist nicht zu erwarten“, kommentiert „Die Welt“. Die Autorin des Kommentars, Ricarda Breyton, erinnert daran, dass die Regierung von Olaf Scholz suggeriert, die Migrationskrise könne nur mit einem gemeinsamen europäischen Asylsystem bewältigt werden, die Verhandlungen hierzu seien jedoch ins Stocken geraten und es gebe noch keine Zustimmung des Europäischen Parlaments. Darüber hinaus ist noch nicht bekannt, ob das gemeinsame Asylsystem der EU die Migration besser steuert.
Wie der Autor schreibt, gehen viele Experten davon aus, dass die Mittelmeerländer weiterhin keinen Anreiz haben werden, alle ankommenden Migranten ordnungsgemäß zu registrieren und ihre Asylanträge zu prüfen. Viele von ihnen werden voraussichtlich erneut in Frankreich, Deutschland oder den Benelux-Ländern Asyl beantragen. „Eine neue Krise braut sich zusammen“, lesen wir. „Sollten wir also die europäischen Pläne begraben? Nein. Es lohnt sich immer noch, den Fokus auf den Schutz der Außengrenze zu legen. Aber wir sollten nicht so tun, als gäbe es ein ‚Wundermittel‘ (…). Viele Maßnahmen müssen sich überschneiden. Temporäre Grenzkontrollen sind eins.“ von ihnen“ – denkt der Autor.
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