Es gibt Hunderttausende Migranten in Deutschland, von denen niemand etwas weiß | Nachricht

Du wirst Hans sein. Die Deutschen seien geordneter, sagt er im Märchen Drei Veteranen pensionierter Militärkutscher aus Pankrác. Doch das Klischee von der deutschen Ordnung und Gründlichkeit setzt sich in vielerlei Hinsicht langsam durch, nicht zuletzt, wenn es darum geht, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wer sich in der Bundesrepublik treibt. Es wird geschätzt, dass es bis zu einer halben Million Migranten sein könnte, von denen der Staat keine Ahnung hat. Dieser enorme Kontrollverlust über die Migration wird mit gefalteten Händen betrachtet.

Niemand kennt die Antwort auf die scheinbar einfache Frage, wie viele Einwanderer in Deutschland leben. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass von den 158.000 abgelehnten und ausreisepflichtigen Asylbewerbern 30.000 Menschen offiziell vermisst werden. Aber die tatsächliche Zahl der spurlos verschwundenen Migranten wird viel höher sein. Offenbar sind nur wenige von ihnen geordnet nach Hause gegangen – niemand weiß es.

Nach Schätzungen, die auf Polizeidaten zu inhaftierten illegalen Migranten basieren, könnten sich zwischen 200.000 und einer halben Million Menschen ohne Wissen der Behörden durch Deutschland bewegen. Darunter sind nicht nur abgelehnte Asylbewerber, die nicht ausreisebereit sind, sondern auch solche, die im Asylverfahren einfach keinen schönen Tag erlebt haben. Darüber hinaus gibt es in Deutschland offenbar noch viele Touristen, die illegal arbeiten, bei Freunden wohnen und anonym zu ehrenamtlichen Ärzten gehen. Und die Behörden haben nicht einmal einen Überblick über jene illegalen Migranten, die die Polizei trotz der unkontrollierten Grenzen mit etwas Glück fangen konnte. Wenn sie zumindest eine Wohnadresse angeben, werden sie in der Regel freigelassen.

Wer sucht Zuflucht in Deutschland?

Die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland. in zwei Jahren mehr als verdoppelt. Ende letzten Jahres wurden 1,6 Millionen registriert, das sind 851 Tausend mehr als Ende 2014 und ein Plus von 113 Prozent. Diese Menschen machen 16 Prozent der gesamten ausländischen Bevölkerung in Deutschland aus. Etwa die Hälfte von ihnen kommt aus drei Ländern: Syrien (455.000), Afghanistan (191.000) und Irak (159.000).

Hierzu zählen Ausländer, die sich aus humanitären Gründen in Deutschland aufhalten, sich in einem Asylverfahren befinden, einen Flüchtlingsstatus aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention haben oder abgelehnte Asylbewerber sind, die Deutschland noch nicht verlassen haben. Davon ausgenommen sind hingegen 392.000 Ausländer, bei denen nicht feststellbar ist, ob sie im Land Schutz suchen oder nicht.

Aufgrund hoffnungslos überlasteter Gerichte zieht sich der Prozess der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber endlos hin – unter anderem aufgrund zahlreicher Berufungen und Klagen. Die Zahl der Asylverfahren hat sich innerhalb eines Jahres verfünffacht. Mit Stand vom 30. Juni dieses Jahres registrierten die Gerichte 320.000 dieser Verfahren, im vergangenen Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt noch 69.000.

Der Staat misst mit einem Doppelmeter

Wenn wir die Situation streng beurteilen wollten, müssten wir von einem großen Kontrollverlust, vielleicht sogar von einem Versagen des Staates sprechen. Paradoxerweise geraten Millionen von Deutschen in Schwierigkeiten mit der Bürokratie, wenn sie die Frist für die Steuererklärung verpassen, wenn sie vergessen, ihren Reisepass zu erneuern, wenn sie ein Bußgeld wegen Falschparkens ignorieren oder ihre Fernsehrechnungen nicht bezahlen. Der Staat kennt keine Gnade für diese Menschen. Viele von ihnen trauen daher ihren Augen nicht, wenn sie sehen, dass der Staat mit Migranten – sowohl legalen als auch illegalen – deutlich nachsichtiger umgehen kann.

Einerseits kann man diese Doppelmoral einfach als neudeutsche Folklore hinnehmen. Andererseits könne man aber auch die Frage stellen, wann der Staat endlich anfangen werde, seine eigenen Gesetze durchzusetzen, schreibt die deutsche Zeitung „Die Welt“.

Marten Eichel

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