Deutschland ist mit einem massiven Arbeitskräftemangel konfrontiert und muss wie die Tschechische Republik Haushaltsdefizite ausgleichen und benötigt daher ein stärkeres BIP-Wachstum und weniger Rentner, die vollständig auf staatliche Renten angewiesen sind. Die Zahl der berufstätigen deutschen Senioren ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit gibt es in Deutschland heute 1.123.000 Arbeitnehmer über 67 Jahre. Ende 2022 waren es 56.000 weniger.
Derzeit gibt es in Deutschland 18,66 Millionen Menschen über 65 Jahre. Es gibt rund 42,5 Millionen Menschen, die aktiv arbeiten, also Steuern und Sozialabgaben zahlen. Die Zahl der Rentner entspricht damit rund 44 Prozent der Erwerbstätigen. Und diese Zahl wird mit fortschreitender Alterung in den kommenden Jahren noch zunehmen. Zum Vergleich: In Tschechien sind, wie aus den Zahlen der letzten Volkszählung im Jahr 2021 hervorgeht, 566.000 Menschen über 65 Jahre erwerbstätig, das sind mehr als zehn Prozent aller aktiv Erwerbstätigen. In Deutschland sind es, wie sich berechnen lässt, weniger als drei Prozent. Daher gibt es in Tschechien im Vergleich zu unseren Nachbarn deutlich mehr erwerbstätige Rentner.
Rentner, die nicht auf Vollzeitarbeit verzichten können, werden aber zwangsläufig auch in Deutschland zunehmen. Dafür gibt es drei Hauptgründe. Dort beziehen viele Senioren eine sehr niedrige Rente, und weil die Wohnkosten steigen – derzeit eines der größten sozialen Probleme Deutschlands –, steigt auch die Zahl der Rentner, die einfach arbeiten müssen, sonst hätten sie kein Mietverhältnis. Die deutschen Behörden erlauben steuerfreie Arbeit bis zu 6240 Euro pro Jahr, also 520 Euro pro Monat. Diese sogenannte Kurzarbeit ist aufgrund der Steuererleichterungen heute bei Rentnern weit verbreitet, höhere Einkünfte werden mit 40 Prozent besteuert. Deutsche Rentner kehren oft auf Teilzeitbasis in die Unternehmen zurück, in denen sie zuvor gearbeitet haben. Sie leisten aber auch Hilfsarbeiten in Geschäften oder im Sozialwesen, und auch Rentner, die im Transportwesen arbeiten, bilden da keine Ausnahme.
Der zweite Grund, warum immer mehr Rentner erwerbstätig sind und bleiben werden, ist der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Bundesagentur für Arbeit, die rund 1.200 Berufsarten erfasst, gibt an, dass rund zweihundert davon, also jeder sechste Beruf, einen langfristigen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften aufweist.
Der dritte Grund ist der wachsende Druck des Staates, dafür zu sorgen, dass die Menschen länger auf dem Arbeitsmarkt bleiben (das weiß auch der tschechische Minister Jurečka). Vor einem Jahr forderte die deutsche konservative Oppositionspartei CDU die Trikolore-Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, die Frühverrentung aufgrund der wachsenden Defizite der Staatsfinanzen und des aktuellen Arbeitskräftemangels in mehreren Bereichen abzuschaffen. Grundsätzlich kann sich jeder Deutsche mit 63 Jahren dafür bewerben. Auch Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner will mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt aktivieren. Darunter auch Rentner, die heute sehr oft noch gesund und aktiv sind. „Es gibt Millionen Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt sein könnten, aber sie leben von Sozialleistungen“, sagte der FDP-Chef und fügte hinzu, dass es notwendig sei, für sie ein vielfältiges Angebot an kürzeren oder kürzeren Arbeitszeiten zu schaffen. Lindner geht davon aus, dass diejenigen, die sich nicht für den Vorruhestand entscheiden, auf dem Arbeitsmarkt bleiben werden und bereits Rentner wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren.
Der Finanzminister – der sicherlich auch die oppositionelle CDU verstehen würde, die er vor der nächsten Wahl im Visier hat – forderte in den Medien sogar ausdrücklich, die Grenze für den Vorruhestand von 63 auf 65 Jahre zu verschieben. Allerdings wäre es am besten, den Vorruhestand ganz abzuschaffen, mit Ausnahme derjenigen, die aufgrund einer medizinischen Unfähigkeit erzwungen werden. Die 2014 von der großen Koalition aus SPD und CDU eingeführte Vorruhestandsregelung mit 63 Jahren bezeichnete FDP-Chef Lindner als „Entlassung qualifizierter Arbeitnehmer“.
Lindner ist davon überzeugt, dass der Arbeitsmarkt auch durch eine besser organisierte Kinderbetreuung gestützt wird, was Müttern oder Vätern einen schnelleren Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen würde. Hilfreich sind auch Teilzeitjobs für Eltern mit Kindern und insbesondere für Rentner. „Es ist kein Problem, ein Anreizsystem zu schaffen, das Menschen dazu motiviert, länger zu arbeiten“, sagte der deutsche Finanzminister. „Das ist auf jeden Fall besser, als ab dem 63. Lebensjahr Rente zu zahlen.“ Doch die Kritiker von Christian Lindner weisen darauf hin, dass bestimmte „Anreize“ bereits heute wirken: Es sei die schlechte wirtschaftliche und soziale Lage, die Rentner schon heute zurück in den Beruf treibe.
In Deutschland wird die Altersrente heute auf unterschiedliche Weise erreicht, die Rentenaltersgrenze wird aufgrund politischer Vereinbarungen schrittweise jedes Jahr um zwei Monate verschoben. Ab dem Jahr 2031 soll es aber definitiv bei 67 Jahren bleiben, also zwei Jahre mehr, als in Tschechien üblich sein dürfte.
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