belgischer Historiker, Prof. David Engels verwies erneut auf den Streit zwischen der EU und Polen um die Justiz. Diesmal machte er auf eine recht interessante Beziehung zwischen dem Kabinett der scheidenden deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Präsidenten des deutschen Verfassungsgerichtshofs – dem ehemaligen CDU-Abgeordneten Stephan Harbarth – aufmerksam.
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Kaczyński und Przyłębska – schlecht, Merkel und Harbarth – gut?
Engels postete auf Twitter einen Link zu einem Artikel aus der Deutschen Welt über Merkels umstrittenes gemeinsames Abendessen mit Präsident Harbarth.
Erinnern wir uns daran, dass nach der Information, dass der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit, Jarosław Kaczyński, und Julia Przyłębska – seit 2016 Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs – die sozialen Beziehungen pflegen, Przyłębska wiederholt angegriffen wurde. Aufgrund von Treffen mit dem Führer der Regierungspartei wurden die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Institution unter seiner Führung in Frage gestellt. Der Präsident des Tribunals wird von Politikern und Oppositionellen oft verächtlich als „Kaczynskis Koch“ bezeichnet.
In letzter Zeit (und genauer gesagt – da die Macht in unserem Land von der Vereinigten Rechten ausgeübt wird) hat Deutschland Polen wiederholt über die Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Regeln der Europäischen Union unterrichtet. Die bevormundende Haltung westlicher Nachbarn zeigt sich unter anderem in Äußerungen von Politikern aus Deutschland und in Artikeln der deutschen Presse.
Im Zusammenhang mit dem Streit zwischen der EU und Polen ist zu beachten, dass auch der Gerichtshof in Karlsruhe die Urteile des EuGH in Frage gestellt hat (Beispiel mag das Urteil vom Mai 2020 aus der Zeit des früheren Bundespräsidenten sein des Verfassungsgerichtshofs, Andreas Vosskuhle). Bemerkenswert ist auch der Fall Stephan Harbarth, ehemaliges CDU-Mitglied, 2020 zum Präsidenten des Tribunals gewählt. Um seine Wahl gab es einige Kontroversen (Kritiker wiesen u. a. darauf hin, dass er zuvor als Rechtsanwalt, außerdem wurde ihm vorgeworfen, gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen zu haben, indem er Zahlungen ohne Gegenleistung entgegennahm). Deutsche Anwälte verteidigten Harbarth, auch Brüssel hatte mit seiner Ernennung zum Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs kein Problem.
Abendessen mit Merkel
Prof. David Engels machte auf eine noch interessantere Veranstaltung aufmerksam, nämlich ein Abendessen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Während Deutschland die mangelnde Unabhängigkeit der polnischen Justiz verurteilt und das Land aus der EU drängen will, einigen sich in Berlin Kanzler, Kabinett und Verfassungsgerichtshof (dessen Präsident ein ehemaliger CDU-Abgeordneter ist) bei einem gemütlichen Abendessen über ihre künftige Politik
– schrieb der Historiker auf Twitter und verlinkte auf den Artikel welt.de.
Die betreffende Veranstaltung fand Ende Juni statt. Das Abendessen in Merkels Büro, das von Vertretern der Bundesregierung sowie dem Präsidenten des Tribunals in Karlsruhe veranstaltet wurde, sorgte in Deutschland für Kontroversen, weil es nach Meinung lokaler Anwälte den Eindruck erwecken könnte, die Regierung würde sich anstrengen Druck auf die deutsche Justiz.
Die Medien kehrten auf den Fall zurück, weil in der Welt am Sonntag Unterlagen zum Ablauf des Abendessens preisgegeben worden waren. Neue Informationen deuten darauf hin, dass Politiker möglicherweise bei einem Abendessen im Büro von Angela Merkel auf Vertreter der Justiz Einfluss genommen haben. Wie wir auf welt.de lesen, ging es bei dem Treffen unter anderem um europäische Gesetzgebung oder das Zusammenspiel von RFM-Recht und EU-Recht.
Hat Kanzlerin Merkel auch ihren „Koch“? Und ganz im Ernst – dieser Fall ist ein weiteres Beispiel für die Doppelmoral, die Berlin gegenüber Polen anwendet.
aja/DW.com

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