DW und RT: Internationale Sender im Kreuzfeuer der Politik – 04.02.2022

DW und RT: Internationale Sender im Kreuzfeuer der Politik – Russland hat die DW in Moskau als Vergeltung für das Verbot des Senders RT DE in Deutschland geschlossen. Situationen mögen ähnlich erscheinen, aber eine genauere Betrachtung offenbart grundlegende Unterschiede. Nun ist auch die Presse zur Zielscheibe geworden. Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen hat das russische Außenministerium der DW am Donnerstag die Lizenz zur Ausstrahlung von Fernsehprogrammen in englischer, deutscher und russischer Sprache entzogen.

Außerdem wird das Büro der Redaktion des deutschen Auslandsrundfunks in Moskau geschlossen. Diese harte Rigidität folgte einer Entscheidung der deutschen Regulierungsbehörden vom Vortag, die dem Sender RT DE die Ausstrahlung von Programmen in Deutschland untersagte.

Es mag wie eine „Auge um Auge“-Reaktion erscheinen. Bei genauerer Analyse wird jedoch deutlich, dass es sich um Situationen handelt, die schwer zu vergleichen sind. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Prozessen und in Bezug auf die Art und Weise, wie die beiden internationalen Unternehmen agieren, was ein deutscher Begriff gut ausdrückt. : Staatsferne, Distanzierung vom Staat.

Lehren aus der NS-Zeit

Nach den historischen Erfahrungen der NS-Diktatur wurde das Umfeld der deutschen Presse neu konfiguriert, um zu verhindern, dass die Machthaber Zeitungen, Radio, Fernsehen und derzeit die Online-Medien kontrollieren.

Sowohl DW als auch RT – früher Russia Today genannt – sind staatlich finanzierte Organisationen. Damit die DW regierungsunabhängig arbeitet und journalistischen Standards folgt, ist der Sender keine Unteranstalt des Bundespresseamtes, sondern öffentlich-rechtlich organisiert.

Das bedeutet, dass die Finanzierung aus dem Bundeshaushalt erfolgt. Allerdings berichtet der Geschäftsführer des Senders an den DW-Rundfunkvorstand, der ihn für eine Amtszeit von sechs Jahren wählt. Auch im Falle eines Regierungswechsels in Deutschland ist der Direktor seiner Position sicher.

Der Rat setzt sich aus 17 ehrenamtlichen Mitgliedern zusammen: Vertreter der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften und auch politische Parteien. Sie sorgen dafür, dass der internationale Nachrichtendienst das DW-Statut befolgt, nämlich: „Ein Forum für deutsche und andere Perspektiven zu grundlegenden Fragen, insbesondere in Politik, Kultur und Wirtschaft, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten zu bieten, mit dem Ziel Förderung des Verständnisses und des Austauschs zwischen Kulturen und Völkern.“

Direkter Draht zum Kreml

Auf der englischen Website von RT heißt es wiederum, dass der russische Sender „eine gemeinnützige Organisation ist, die öffentlich aus dem Haushalt der Russischen Föderation finanziert wird“.

Viel mehr verrät das Portal jedoch nicht über RT, sei es über das Budget, die Struktur oder die für die Aufsicht zuständigen Gremien. Der in Deutschland erforderliche Abstand zum Staat wird natürlich nicht erwähnt.

Als der Moskauer Korrespondent des Time Magazine 2015 RT-Chefredakteurin Margareta Simonyan in der Nachrichtenredaktion des Senders besuchte, bemerkte er ein altmodisches gelbes Telefon auf seinem Schreibtisch in seinem Büro. Sie gab zu, dass es sich um eine sichere Verbindung zum Kreml handele, um „geheime Dinge zu besprechen“.

Simonjan, der seit der Gründung von RT im Jahr 2005 das Sagen hat, findet sich mitten in einem Informationskrieg mit der gesamten westlichen Welt wieder. Ihre Rolle beschrieb sie so: „Wir verteidigen unser Land genauso wie unsere Armee.“

Bereits 2013 erklärte der russische Präsident, dass RT „nicht umhin kann, die offizielle Position der russischen Regierung zu den Ereignissen in unserem Land und im Rest der Welt widerzuspiegeln“.

Der Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Stefan Meister, bezeichnet RT als Propagandainstrument: „Es ist ein Instrument der russischen Außenpolitik mit ganz bestimmten Zielen.

Keine Lizenz und kein Ausweis

Es gibt Unterschiede in der Art und Weise, wie die Fälle behandelt wurden. Begonnen hat alles mit dem Verbot der Sendungen von RT DE in Deutschland durch eine unabhängige Medienaufsichtsbehörde, getreu dem Grundsatz der staatlichen Distanzierung.

Das entschied die Zulassungs- und Aufsichtskommission der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg. Begründet wurde das Verbot mit der fehlenden presserechtlichen Genehmigung. Der Antrag auf Sendebeginn im Dezember wurde nie gestellt.

Abgesehen von Ausnahmefällen verbietet der Medienstaatsvertrag die Vergabe von Sendegenehmigungen an Körperschaften des öffentlichen Rechts im In- und Ausland. Die Muttergesellschaft von RT, TV Novosti, erhielt jedoch eine Sendelizenz für RT DE in Serbien und hielt das für ausreichend.

Die deutsche Regulierungsbehörde war jedoch anderer Meinung und stellte klar, dass die Verbotsentscheidung darauf zurückzuführen sei, dass RT DE seinen Hauptsitz und sein Sendestudio in Berlin habe.

RT-Journalisten können weiterhin in Deutschland leben, geschützt durch die Pressefreiheit. Sie nehmen beispielsweise regelmäßig an Pressekonferenzen der Bundesregierung teil. RT DE kann auch seine Website pflegen und Videos veröffentlichen, jedoch kein Live-Streaming.

eindeutig politischer Akt

In Russland müssen Auslandskorrespondenten in einem oft undurchsichtigen Verfahren akkreditiert werden. In Deutschland kann RT DE Journalisten und Reporter ohne Akkreditierung einstellen.

Das russische Außenministerium kündigte die Schließung des Moskauer DW-Büros und das Ende der Übertragungen nach Russland an. Ein eindeutig politischer Akt. Die Begründung lautete, Russland reagiere auf das „feindliche Vorgehen der Bundesrepublik Deutschland“ gegen die RT DE.

Russland rangiert derzeit auf Platz 150 von 180 Ländern, die im Ranking der Pressefreiheit aufgeführt sind.

Autor: Matthias von Hein

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