Das Verhältnis zwischen Deutschland und China ist die Geschichte eines Spagats zwischen Werten und Interessen, insbesondere wirtschaftlichen. China ist seit 2015 Deutschlands wichtigster Handelspartner. Die 30 Unternehmen des deutschen Aktienindex DAX erwirtschaften durchschnittlich 15 Prozent ihres Umsatzes in China.
In Angela Merkels 16 Jahren als Bundeskanzlerin haben sich Peking und Berlin politisch angenähert und eine „umfassende strategische Partnerschaft“ geschlossen, auch weil ohne den Osten keines der großen Probleme der Menschheit – vom Klimawandel bis zur Abrüstung – zu lösen sei. . Seit zehn Jahren finden gemeinsame Regierungskonsultationen statt. Die letzte nur virtuell. Nach jahrelangen Verhandlungen hat die EU im vergangenen Dezember unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft das Gegenseitige Investitionsschutzabkommen (CAI) geschlossen.
Doch die Konflikte mit China nehmen aufgrund der massiven Verfolgung der uigurischen Minderheit in Xinjiang, der Unterdrückung der demokratischen Bewegung in Hongkong, der aggressiven Haltung Pekings im Südchinesischen Meer und Drohgebärden gegenüber Taiwan zu. Im März verhängte die EU erstmals seit 1989 Sanktionen gegen China wegen Verletzung der Menschenrechte von Uiguren. Im Gegenzug verhängte China Sanktionen gegen Wissenschaftler und Mitglieder des EU-Parlaments. Auf diesen Einschüchterungsversuch reagierte das Europäische Parlament im Mai mit dem Einfrieren der Ratifizierung des Investitionsschutzabkommens.
Angela Merkel und Xi Jinping: Die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich verbessert.
Erfolgreiche Autokratie
Lange Zeit galt im Westen als selbstverständlich, dass nur Demokratien und Marktwirtschaften Wohlstand für einen Großteil der Bevölkerung schaffen können. Aber in China kann man sehen, wie Hunderte Millionen Menschen in einer kommunistischen Autokratie Teil der Mittelschicht wurden.
„Deshalb erscheint China als Vorbild für viele Autokraten weltweit sehr attraktiv“, analysiert Heinrich Kreft im DW-Interview. Der Diplomat ist Direktor des Zentrums für Diplomatie der Andrássy-Universität in Budapest.
Eigene Regeln
China als Global Player halte sich nicht mehr einfach an die Regeln des Westens, stellte der Berliner China-Experte Eberhard Sandschneider fest: „Die Chinesen machen ihre eigenen Regeln. Xi Jinping ist für sein eigenes Land und seinen politischen Ehrgeiz verantwortlich, aber nicht“ die Erwartungen von Amerikanern oder Europäern.“
Allerdings lehne China laut Heinrich Kreft die internationale Ordnung nicht vollständig ab: „China versucht zum Beispiel, die Politik der Positionsvergabe in internationalen Organisationen sehr strategisch anzuwenden. Dadurch fällt es manchen sehr schwer, China zu kritisieren.“ . Wo sie mit ihrer Personalpolitik nicht durchkommen, wie die Weltbank oder der IWF, dann gründen sie eigene Institutionen wie die Asian Infrastructure Investment Bank, AIIB.“
Der Präsident und Führer der chinesischen KP, Xi Jinping, prognostiziert, dass das Land bis zum hundertsten Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 2049 eine reife, moderne sozialistische Macht sein wird, die Regeln setzt und sich technologisch an die Weltspitze setzt und wirtschaftlich. . „Das steht natürlich im Widerspruch zur bisherigen Hegemonialmacht USA“, sagt der China-Forscher und -Spezialist Sebastian Heilmann im DW-Interview.
Machtkonflikt zwischen den USA und China
Und Berlin steht vor einem Dilemma: Es entwickelt sich ein Wettbewerb zwischen seinem mächtigsten Verbündeten und seinem wichtigsten Wirtschaftspartner. Deutschland könnte zwischen zwei Fronten geraten. Vor allem, wenn es um Technik geht. „Die USA wollen alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass China in wichtigen Technologiebereichen überholt wird“, sagt der US-Experte Josef Braml der DW. „Die Vereinigten Staaten wollen nun die wirtschaftliche und militärische Modernisierung Chinas behindern. Deshalb setzen sie auf eine Strategie der wirtschaftlichen Entkopplung, ohne sich um die (damit verbundenen) Kosten für Europa zu sorgen.“
Und Deutschland muss eine Antwort auf diese neue Situation finden.
(rmr/er)

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